Im Kreißsaal zu warten ist sehr ergreifend. Während man die Frau unterstützt und möglichst hilfreich ist, “kreißen” die eigenen Gedanken unvergleichbar nur um eins: Ein neues Leben beginnt. Wie krass ist das eigentlich?
Dieser Gedanke hat mich bei meinem ersten Sohn schon umgehauen. Nochmal kann und muss jemand ein Leben leben, wie ich es selbst bis hierhin schon hatte. Damals schrieb ich:
Ein weiteres Mal darf jemand das alles durchmachen: Laufen lernen, hinfallen, aufstehen, der erste Kuss, die erste Liebe, die erste große Krise, Selbstverwirklichung im Beruf, die nächste Krise, Router installieren, Frau fürs Leben finden, ständig W-Lan Probleme und alles andere, was so ein Leben so mit sich bringt.
Letzte Woche kam mein zweiter Sohn. Dieses Mal ging ich über das Staunen und mich Wundern noch hinaus und überlegte, was man jemandem (seinen eigenen Kindern) denn eigentlich mitgeben müsste, um den Prozess angenehmer zu gestalten:
Ihr könnt euch die Umstände, unter denen ihr auf die Welt kamt, nicht aussuchen. Wir glauben aber, ihr habt ziemlich gute. (Wir fühlen uns ziemlich privilegiert.)
Ihr könnt euch auch nicht aussuchen, wie ihr geprägt werdet. Wir geben uns aber alle Mühe. (Wir sind sehr reflektiert, auch in Anbetracht der globalen Herausforderungen.)
Das könnte man jetzt akzeptieren, meint man, und alles wird gut. Aber das alleine ist es noch nicht. Trotzdem werdet ihr strugglen. Blöderweise werden wir Menschen mit der Freiheit geboren, dass wir uns vorstellen können, was oder wie anders wir noch sein können. Und wir empfinden Scham und Wut, wenn wir diesem Bild von uns selbst nicht genügen.
Tja. Das ist eigentlich auch schon das ganze Drama der Existenz. Und auch, wenn es sich niemals so anfühlen wird: Diese Spannungen und Konflikte, bzw. vor allem wie man (kreativ) damit umgeht, definieren einen als Individuum.
Wir können es auch nicht ändern. (Aber wenn ihr auf der Suche nach eurer Antwort nach eurem Herzen lebt, dabei die Liebe schätzt, die ihr auf dem Weg findet, dann habt ihr eigentlich alles, was ihr braucht.)
Das ist im Prinzip die Essenz einer existentialistischen Weltanschauung. Allerdings macht dieses Wissen die Dinge nicht leichter, es erklärt sie nur – im Nachhinein. Und vermutlich hilft diese Reflexion mir selbst mehr, als dass ich ihnen wirklich etwas auf den Weg mitgeben kann.
Aber das liegt in der Natur der Sache. Viel Spaß!