Eigentlich mag ich den Begriff Millennial oder Generation Y, X und Z überhaupt nicht, aber ich hoffe, damit ein paar Klicks zu generieren. So eine „Generation“ beschreibt ja lediglich, wie alt jemand zu welcher technologischen Entwicklungsstufe war. Pauschale Eigenschaften (Unabhängigkeit, Erfolgswillen, etc.) dieser Gruppen lehne ich ab, da sich diese mit dem Alter ohnehin ständig ändern.
Um also spezifischer zu werden: Ich wurde unlängst 30, habe meine 20er-Jahre während des Social Media Booms verbracht und bin nun schon seit 7 Jahren Unternehmer (Beweisbild von 2010 siehe oben). Das möchte ich heute mal etwas reflektieren.
Das gemeinsame Abenteuer
Junge Menschen beschäftigen sich naturgemäß mit jungen Themen – in meinem Fall Social Media. Dadurch ergibt sich, dass wir als junge Unternehmer oftmals genau so alt wie unsere Angestellten, Mitgründer und Kunden sind und weil alles noch so neu und aufregend ist, fühlen wir uns mit allen diesen auf eine seltsame Weise verbunden. Das Unternehmen soll ein Abenteuer sein, das wir gemeinsam erleben (von welchem allerdings hauptsächlich wir selbst profitieren möchten bitte).
Angestellte
Durch diese emotionale Nähe bindet man die ersten Angestellten ziemlich früh an sich und an das Unternehmen, aber wenn dann doch einmal einer geht ist das gleich ein wirkliches Drama. Als zum ersten Mal ein Programmierer kündigte, war das die persönliche Krise noch viel größer als das Ressourcen-Loch, welches es zu stopfen galt.
Ich machte mir ernsthaft Vorwürfe, dass ich das nicht hatte kommen sehen. Hat er sich nicht wohlgefühlt? Wollte er einen neuen Rechner? Ich gab erst mal mir die Schuld und war zu Tode betrübt anstatt einzugestehen, dass solche Wechsel ganz normal sind. An einem gewissen Punkt gibt es einfach etwas, dass sich für denjenigen besser eignet, weil er sein Können dort besser entfalten kann.
Genauso musste ich schon Leute gehen lassen, die für eine jeweilige Konstellation einfach nicht geeignet waren. Das war auch schwer, und ich machte mir Vorwürfe, dass ich so jemanden überhaupt eingestellt und auf das Team losgelassen hatte und ihn hart führen musste. Und was war? In seiner der nächsten Anstellung wurde er direkt nach einem Jahr Teamlead.
Für Außenstehende lediglich natürliche Fluktuation, aber für einen selbst so schlimm wie ein Zerwürfnis im engsten Freundeskreis.
Learning: Inzwischen hoffe ich nicht mehr auf steile Lernkurven, sondern lasse Angestellte meist in den ersten zwei Wochen der Probezeit wieder ziehen. Wohl wissend, dass eine andere Stelle für sie besser geeignet ist, als sich bei mir durchzuquälen. Auch mache ich mich nicht mehr abhängig von einzelnen Angestellten.
Mitgründer
Als ich nach Berlin kam, um mit 24 mein erstes Unternehmen zu gründen, waren meine Mitgründer mein einziger sozialer Anhaltspunkt. Daneben hatte ich dann irgendwann mal Angestellte und ansonsten hauptsächlich Kunden und Konkurrenten.
Unter Mitgründern entsteht so schnell ein starkes Commitment. Jeder macht alles. Jeder möchte alles machen. Allerdings findet jeder in diesem Alter überhaupt erst einmal heraus, was er eigentlich gut kann. Zusätzlich lässt man auch den Mitgründern sehr viel durchgehen, da man sich seinen eigenen Unzulänglichkeiten bewusst ist und auf ähnliche Nachlässigkeit hofft.
Learning: Auch mal anderen vertrauen. Für diese Fähigkeit benötigt es allerdings erst einmal ein Bewusstsein dafür, was man selbst kann – und was nicht.
Kunden
Entweder sind die Kunden im selben Alter oder sogar noch älter. Das macht es schwierig, gute Verhandlungen zu führen. Ein junges Unternehmen ist dazu noch oft auf jedes Einkommen angewiesen und deshalb auch bereit, kostenlos zu arbeiten oder Deals anzunehmen, die das Unternehmen klar benachteiligen.
Learning: Erst die Zeit lehrt einen, dass durch ein klares NEIN zur richtigen Stelle oftmals bessere Dinge entstehen als durch ein JA zu jeder halbgaren Chance. Das Selbstvertrauen, um seine eigene Position zu vertreten, muss allerdings auch erst einmal erarbeitet werden.
Es war aber nicht alles schlecht. ;)
Der sicherlich größte Vorteil als junger Unternehmer ist, dass durch das eigene Commitment der Firma gegenüber und die direkte Nähe zu erstmal wenigen Angestellten wirklich Dinge vorangepusht werden.
Durch falsche Entscheidungen und Fehler in der Führung entsteht eine steile Lernkurve, die nicht erst (wie bei etablierten Unternehmen) einen großen Wasserkopf durchwandern muss. So verinnerlicht man, wie pragmatisch und schnell Entscheidungen getroffen werden können – wenn es denn sein muss.
Und ich trage inzwischen passende Sakkos.